Was wir vom Geld lernen können, und was besser nicht...

23.02.2014 03:27

Vergangene Woche war ich bei einem Vortrag mit Buchvorstellung eines Arbeitskollegen von mir. Sein Buch "Wahres Menschsein oder Glaube" beschäftigt sich frei assoziativ mit einzelnen Passagen aus der Bibel und dem Koran und will den Leser/die Leserin dazu anregen, sich selbst bewusster zu werden und sich zum "wahren" Menschen weiterzuentwickeln, statt sich an veralteten Schriften und Religionen festzuklammern.

Der Vortrag fand auf Einladung der Theosophischen Gesellschaft in deren Räumlichkeiten in Graz statt. Entsprechend der philosophischen Ausrichtung dieser Gruppierung entwickelte sich im Laufe des Abends eine zum Teil lebhafte Diskussion über das Verhältnis einzelner Individuen zu gesellschaftlichen Konventionen wie Konsumverhalten, Regierungsformen und Religionen. Einer der Diskutanten stellte im Zuge dieser Diskussion eine Frage, die mich über den Abend hinaus beschäftigen sollte: "Was können wir vom Geld lernen?" 

Während der Diskutant seine Frage unbeantwortet im Raum stehen ließ und mit seinen Ausführungen fortfuhr, arbeitete die Frage in mir weiter, und nach einer kurzen aber intensiven Nachdenkphase erschien mir die Antwort plötzlich sonnenklar: Wir können vom Geld das bloße Sein lernen, denn entgegen gängigen Aussagen wie "Geld regiert die Welt" oder Aufforderungen wie "Lassen sie ihr Geld für sich arbeiten" handelt Geld per definitionem nicht, es existiert bloß. Geld ist gegenständlich, es ist lediglich ein Zahlungsmittel. Nicht Geld regiert die Welt, Menschen in Regierungspositionen tun das. Auch kann kein Mensch sein Geld für sich arbeiten lassen, denn Arbeiten verrichten lediglich Menschen und Maschinen, die von Menschen bedient werden. Geld ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Mittel zum Zweck.

Dazu fällt mir eine Stelle im Lukasevangelium ein, zu der ich im Zuge meines Pastoralpraktikums einst eine Predigt verfasst und gehalten habe: Lk 16,1-13. Die geneigte Leserschaft darf sich nun herzlich eingeladen fühlen, eine Bibel zur Hand zu nehmen, um die Stelle nachzuschlagen.

Im Zuge der Vorbereitungen für die Predigt habe ich mir damals folgenden Satzteil genauer vergegenwärtigt: „...der Herr lobte die Klugheit des unehrlichen Verwalters...“ Wenn ich mich in der Vergangenheit daran gestoßen habe, dass Jesus aus unerfindlichen Gründen die Unehrlichkeit des Verwalters lobt ist mir dieses Mal aufgefallen, dass Jesus eben nicht das Verhalten des Verwalters seinem Herrn gegenüber lobt, sondern dessen Klugheit. Wie der Verwalter selbst steht Jesus mit beiden Beinen in der Realität dieser Welt, und diese Welt ist nun einmal von Geld und Besitzdenken geprägt. Geld und Besitz sind auch nicht von vornherein etwas Schlechtes und daher abzulehnen, sondern man kann damit auch viel Gutes bewirken. Es geht also um den rechten Umgang mit diesen Gütern. Wenn Jesus nun die Klugheit des Verwalters lobt, so lobt er dessen Fähigkeit, aus der Not seines bevorstehenden Jobverlustes das Beste zu machen, was dem entspricht, was er gelernt hat: Er nimmt die ihm anvertrauten Güter und teilt sie mit anderen Menschen. Somit wird aus dem bisher verschwenderisch und vermutlich in seine eigene Tasche wirtschaftenden Mann ein Wohltäter und mutiert gleichsam zu einem „Robin Hood“ des Neuen Testaments.

Für das Thema dieses Beitrages genügt aus dieser Passage, dass Geld dazu benutzt werden kann, Gutes zu bewirken. Damit sei an dieser Stelle auch erwähnt, was wir besser nicht vom Geld lernen sollten: benutzt zu werden. Sosehr der Nutzen als Wert von Gütern des täglichen Bedarfs herangezogen werden darf, so wenig ist dies bei uns Menschen angebracht. Inwieweit Tiere wiederum dem Menschen zum Nutzen gereichen können und dürfen steht wieder auf einem anderen Blatt und wird wohl früher oder später in einem eigenen Beitrag bearbeitet werden.

Für das Geld allerdings gilt: es darf und soll dazu benutzt werden, Gutes zu bewirken.

Lernen können wir vom Geld lediglich, aber das dafür nachdrücklich: Wir sind, und dieses Sein haftet uns an, auch ohne etwas tun zu müssen; und dieses Sein darf und soll von Zeit zu Zeit bewusst gemacht und genossen werden.