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Tauferinnerung unter der Morgendusche

13.04.2017 00:51

„Wach auf, du Schläfer…“, so hieß es in der neutestamentlichen Lesung des 5. Fastensonntages am 26. März dieses Jahres. Ich hatte mir diese Bibelstelle (Eph 5, 8-14) an eben diesem Sonntag als Predigttext für einen Kreuzweg ausgesucht. Diese Worte „Wach auf, du Schläfer…“ hatten für mich an jenem Tag eine besondere Brisanz, da es sich um das Wochenende der Zeitumstellung von der Winterzeit auf die Sommerzeit handelte und ich für den Sonntag die Frühschicht an meiner Arbeitsstelle ausgefasst hatte. Da ich schon von vornherein kein Morgenmensch bin, kann sich eine Stunde weniger Schlaf durchaus auf die eine oder andere Art bemerkbar machen, auch wenn dieser „Mini-Jetleg“ bei mir erfahrungsgemäß erst am zweiten Tag zum Tragen kommt.

Beim eingangs erwähnten Bibelwort geht es aber um mehr als den gewöhnlichen Schlaf, denn es heißt vollständig: „Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten und Christus wird dein Licht sein.“ (Eph 5,14) Im Kommentar der neuen Einheitsübersetzung steht dazu: „Zitat aus urchristlicher Taufliturgie.“ Das ist ein sehr interessanter Hinweis, denn in urchristlicher Zeit war nicht die Säuglingstaufe die Regel, sondern die Erwachsenentaufe, und man taufte diese durch vollständiges Untertauchen oder Übergießen mit Wasser, während sie im Wasser standen. Dazu errichtete man eigene Taufhäuser, so genannte „Baptisterien“, wie man sie mancherorts heute noch besichtigen kann. Bei dieser Wasserung ging es um ein symbolisches Mitvollziehen des Sterbens und Auferstehens Jesu, wobei das Wasser eine doppelte Funktion erfüllte: Es ließ den alten, sündigen Menschen sterben und verhalf gleichzeitig dem neuen, von Sünde befreiten Menschen zum Leben in Christus. Im Vergleich mit der später eingeführten und heute nach wie vor praktizierten wassersparenden Säuglingstaufe (die Baptistengemeinden bilden hier eine rühmliche Ausnahme) handelte es sich bei der ursprünglichen Erwachsenentaufe um ein Ganzkörpererlebnis, an das man sich erinnern sollte und konnte.

Da ich als Säugling getauft wurde, kann ich mich naturgemäß nicht daran erinnern. Es gibt allerdings eigene Tauferinnerungshandlungen wie das Eintauchen der Finger in das Weihwasserbecken und das anschließende Bekreuzigen beim Betreten von Kirchen, und es gibt Rituale zur Tauferneuerung, von denen das wichtigste Jahr für Jahr im Zuge der christlichen Osternachtfeier von der ganzen Feiergemeinde mitvollzogen wird. Auch das Mitvollziehen eines Kreuzweges stellt ein symbolisches Miterleben des Sterbens und Auferstehens Jesu dar, sofern am Ende zumindest eine Andeutung der Auferstehung enthalten ist. Beim Besteigen eines Kalvarienberges ist für mich auch der Gedanke spannend, dass man sich bei der Kreuzigung und dem Sterben Jesu am höchsten Punkt des Weges befindet, während der urchristliche Täufling sich beim symbolischen Mit-Sterben am tiefsten Punkt des Taufganges befand, nämlich unter Wasser.

Allen gängigen Handlungen und Ritualen zur Tauferinnerung oder –erneuerung ist freilich gemeinsam, dass sie ohne das urchristliche Ganzkörpererlebnis des Untertauchens oder Übergießens mit Wasser durchgeführt werden. Daher kam mir der Gedanke, eine Tauferinnerung mit einer alltäglichen Wasserungserfahrung zu verbinden, wie es das Baden oder Duschen darstellt. Gedacht, getan: Am (besonders frühen) Morgen des oben erwähnten Predigttages trat ich unter die Dusche und wiederholte in Gedanken das Zitat mit dem „Wach auf, du Schläfer…“, und ich darf sagen: Es war ein etwas anderes Duscherlebnis als die bisherigen und hat meinen Blick auf das tägliche Reinigungsritual nachhaltig verändert.

Ich kann den geneigten Lesenden dieses Artikels nur empfehlen, es auch einmal zu versuchen – im Besonderen im Blick auf den bevorstehenden Ostermorgen. Ich werde es sicher wieder tun (zumal ich auch dieses Mal wieder die Frühschicht verordnet bekam), und vielleicht wage ich es sogar, das Erlebnis mit kaltem Wasser zu intensivieren… :-)

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Häretisch-Katholisch

02.12.2015 06:14

Aufgewachsen in einem mittelständisch-bürgerlichen Elternhaus mit römisch-katholischer Religionszugehörigkeit und sonntäglichem Gottesdienstbesuch in der ländlich geprägten Pfarrgemeinde fühlte ich mich als langjähriger Ministrant sehr wohl beim Dienst am Altar und überhaupt im Kirchenraum. Mein charismatischer Jugendkaplan inspirierte mich dazu, meine Hauptschulbildung durch den Besuch eines Oberstufengymnasiums mit Matura (Abitur) zu erweitern, um Theologie studieren zu können, mit dem Ziel, ebenfalls Priester zu werden.

Die Entdeckung meiner Libido mit Hilfe meiner ehemaligen hartnäckigen Schulkameradin und mittlerweile langjährigen besten Freundin ließ mich zwar vom Priesterberuf absehen, die Theologie allerdings ließ mich nicht mehr los, weshalb ich mich durch lange Jahre eifrigen Studierens bis zum Magistertitel (Diplom) und damit ausgebildeten Theologen röm.-kath. Prägung arbeitete als welcher ich nun diese Zeilen schreibe.

Im Laufe meines Studiums lernte ich die kirchliche Lehre und deren Hintergründe kennen sowie meinen eigenen Glauben immer wieder aufs Neue zu hinterfragen und mit der besagten kirchlichen Lehre in Einklang zu bringen, was mir in Bezug auf einzelne zum Teil sehr grundlegende Glaubensaussagen in zunehmendem Maße schwerer viel je länger mein Studium dauerte. Schließlich schlitterte ich am Ende meines Studiums in meine bisher schwerste Glaubenskrise, von der ich mich durch die Lektüre eines Buches erholte, das mir meine bereits erwähnte beste Freundin empfohlen hatte: "Gespräche mit Gott" von Neale Donald Walsch. Von Walschs Gedanken und Erfahrungen inspiriert begann ich zu meinem eigenen Glauben zu stehen und gleichzeitig die röm.-kath. Lehre, die mich so lange geprägt hat, im Licht meines Glaubens zu sehen und neu zu interpretieren. Dieses Vorhaben ist nicht immer ganz einfach und stößt zuweilen an scheinbar unüberwindbare Grenzen, dennoch bleibt es ein spannender Prozess, an dem ich meine werte Leserschaft auf dem Weg dieses Blogs teilnehmen lassen möchte.

Die Wortschöpfung "häretisch-katholisch" kam mir anhand meiner alternativen Glaubensgedanken bei gleichzeitiger Verwurzelung in der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche, die im althergebrachten Glaubensbekenntnis der großen christlichen Kirchen erwähnt ist und nicht deckungsgleich ist mit der röm.-kath. Kirche, wie wir sie heute kennen.

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Thanksgiving - Danksagung - Eucharistie

04.11.2014 04:19

Im November des vergangenen Jahres haben meine Freundin und ich eine Thanksgiving-Feier nach us-amerikanischer Tradition abgehalten, zu der wir meine Geschwister samt Anhang einluden, um ihnen von unserer USA-Reise zu berichten und Fotos herzuzeigen. Das Kochen hatte dankenswerterweise meine Freundin übernommen, während ich per youtube lernte, einen Truthahn zu tranchieren. Die Feier kam gut an, und seither steht die Idee im Raum, dies jährlich zu wiederholen, so es sich zeitlich machen lässt.

Für dieses Jahr hatten wir schon eine Feier mit einer Gans angedacht, die aber nun aus zeitlichen Gründen entfallen muss. Dennoch machte ich mir so meine Gedanken zu diesem Fest, vor allem über dessen Namen, und ich bin auf folgenden Zusammenhang gestoßen:

"Thanksgiving" bedeutet übersetzt nichts anderes als "Danksagung". Diese amerikanische Danksagungsfeier geht der Überlieferung nach auf ein 1621 stattgefundenes dreitägiges Erntedankfest der frisch eingetroffenen Pilgerväter zusammen mit Ureinwohnern des Wampanoag-Stammes zurück, ohne deren Hilfe die Pilgerväter den darauffolgenden Winter nicht überlebt hätten (Informationen aus Wikipedia).

Sehr viel älter ist eine andere Danksagungsfeier, die uns wohl vertraut erscheinen mag: die Eucharistiefeier, landläufig auch hl. Messe genannt. "Eucharistie" ist hierbei das altgriechische Wort für "Danksagung", das wiederum dem amerikanischen "Thanksgiving" entspricht.

Nun stellt die Eucharistiefeier freilich eine spezifisch auf Christi Erlösungstat zugeschnittene Danksagungsfeier dar, während im Zuge der Thanksgiving-Feier für alles mögliche Dank gesagt werden kann. Geht man aber rein vom Begriff der Danksagung aus und bedenkt die praktische Umsetzung einer Thanksgiving-Feier, so erscheint diese aus meiner Sicht als legitime Alternative zur gängigen Praxis der Eucharistiefeier.

Bei einer Thanksgiving-Feier sitzen alle an einem Tisch, und es wird tatsächlich gegessen und getrunken, so wie es wohl auch bei den Abendmählern Jesu mit seinen Jüngern der Fall war, aus denen sich die Eucharistiefeier entwickelt hat. Leider ist dieser Mahlcharakter der Eucharistiefeier heute in den allermeisten Fällen bestenfalls symbolisch zu erkennen, gegessen und getrunken wird dagegen erst im Anschluss oder gar nicht.

In diesem Sinne kann die us-amerikanische Tradition der Thanksgiving-Feier der dort wie hier stattfindenden Eucharistiefeier zur Anregung dienen, sich selbst auf ihren ureigenen Mahlcharakter zu besinnen und den an ihr teilnehmenden Anwesenden wieder zu einer wahren Labung und Gemeinschaftsfeier im ganzheitlichen Sinne werden.

Ein frohes Thanksgiving!

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Was wir vom Geld lernen können, und was besser nicht...

23.02.2014 03:27

Vergangene Woche war ich bei einem Vortrag mit Buchvorstellung eines Arbeitskollegen von mir. Sein Buch "Wahres Menschsein oder Glaube" beschäftigt sich frei assoziativ mit einzelnen Passagen aus der Bibel und dem Koran und will den Leser/die Leserin dazu anregen, sich selbst bewusster zu werden und sich zum "wahren" Menschen weiterzuentwickeln, statt sich an veralteten Schriften und Religionen festzuklammern.

Der Vortrag fand auf Einladung der Theosophischen Gesellschaft in deren Räumlichkeiten in Graz statt. Entsprechend der philosophischen Ausrichtung dieser Gruppierung entwickelte sich im Laufe des Abends eine zum Teil lebhafte Diskussion über das Verhältnis einzelner Individuen zu gesellschaftlichen Konventionen wie Konsumverhalten, Regierungsformen und Religionen. Einer der Diskutanten stellte im Zuge dieser Diskussion eine Frage, die mich über den Abend hinaus beschäftigen sollte: "Was können wir vom Geld lernen?" 

Während der Diskutant seine Frage unbeantwortet im Raum stehen ließ und mit seinen Ausführungen fortfuhr, arbeitete die Frage in mir weiter, und nach einer kurzen aber intensiven Nachdenkphase erschien mir die Antwort plötzlich sonnenklar: Wir können vom Geld das bloße Sein lernen, denn entgegen gängigen Aussagen wie "Geld regiert die Welt" oder Aufforderungen wie "Lassen sie ihr Geld für sich arbeiten" handelt Geld per definitionem nicht, es existiert bloß. Geld ist gegenständlich, es ist lediglich ein Zahlungsmittel. Nicht Geld regiert die Welt, Menschen in Regierungspositionen tun das. Auch kann kein Mensch sein Geld für sich arbeiten lassen, denn Arbeiten verrichten lediglich Menschen und Maschinen, die von Menschen bedient werden. Geld ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Mittel zum Zweck.

Dazu fällt mir eine Stelle im Lukasevangelium ein, zu der ich im Zuge meines Pastoralpraktikums einst eine Predigt verfasst und gehalten habe: Lk 16,1-13. Die geneigte Leserschaft darf sich nun herzlich eingeladen fühlen, eine Bibel zur Hand zu nehmen, um die Stelle nachzuschlagen.

Im Zuge der Vorbereitungen für die Predigt habe ich mir damals folgenden Satzteil genauer vergegenwärtigt: „...der Herr lobte die Klugheit des unehrlichen Verwalters...“ Wenn ich mich in der Vergangenheit daran gestoßen habe, dass Jesus aus unerfindlichen Gründen die Unehrlichkeit des Verwalters lobt ist mir dieses Mal aufgefallen, dass Jesus eben nicht das Verhalten des Verwalters seinem Herrn gegenüber lobt, sondern dessen Klugheit. Wie der Verwalter selbst steht Jesus mit beiden Beinen in der Realität dieser Welt, und diese Welt ist nun einmal von Geld und Besitzdenken geprägt. Geld und Besitz sind auch nicht von vornherein etwas Schlechtes und daher abzulehnen, sondern man kann damit auch viel Gutes bewirken. Es geht also um den rechten Umgang mit diesen Gütern. Wenn Jesus nun die Klugheit des Verwalters lobt, so lobt er dessen Fähigkeit, aus der Not seines bevorstehenden Jobverlustes das Beste zu machen, was dem entspricht, was er gelernt hat: Er nimmt die ihm anvertrauten Güter und teilt sie mit anderen Menschen. Somit wird aus dem bisher verschwenderisch und vermutlich in seine eigene Tasche wirtschaftenden Mann ein Wohltäter und mutiert gleichsam zu einem „Robin Hood“ des Neuen Testaments.

Für das Thema dieses Beitrages genügt aus dieser Passage, dass Geld dazu benutzt werden kann, Gutes zu bewirken. Damit sei an dieser Stelle auch erwähnt, was wir besser nicht vom Geld lernen sollten: benutzt zu werden. Sosehr der Nutzen als Wert von Gütern des täglichen Bedarfs herangezogen werden darf, so wenig ist dies bei uns Menschen angebracht. Inwieweit Tiere wiederum dem Menschen zum Nutzen gereichen können und dürfen steht wieder auf einem anderen Blatt und wird wohl früher oder später in einem eigenen Beitrag bearbeitet werden.

Für das Geld allerdings gilt: es darf und soll dazu benutzt werden, Gutes zu bewirken.

Lernen können wir vom Geld lediglich, aber das dafür nachdrücklich: Wir sind, und dieses Sein haftet uns an, auch ohne etwas tun zu müssen; und dieses Sein darf und soll von Zeit zu Zeit bewusst gemacht und genossen werden.

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Mormonen - freundliche Religionsgemeinschaft mit Mission, besonderen Regeln und ökumenischem Aufholbedarf

10.12.2013 03:20

Vergangenen Sommer war ich mit meiner Freundin und deren Kindern in den USA unterwegs. Im Zuge unseres Road-Trips, der uns über mehr als 5000 km von Chicago nach Los Angeles brachte, machten wir unter anderem in Independence im Bundesstaat Missouri und in Salt Lake City, der Hauptstadt des Bundesstaates Utah, Halt. Beide Orte haben mit einer besonderen Religionsgemeinschaft zu tun, der "Church of Jesus Christ of Latter Day Saints", zu deutsch "Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage", kurz "Mormonen" genannt.

Independence ist jener Ort, an dem von den Mormonen bis heute die Rückkehr Jesu Christi erwartet wird, um das Reich Gottes auf Erden zu vollenden. Diese Überzeugung teilen die Mormonen mit einer weiteren Religionsgemeinschaft, die aus dem Erbe Joseph Smiths hervorging: Die "Community of Christ", ehemals "Renewed Church of Jesus Christ of Latter Day Saints" hat ihren Sitz und einen sehenswerten modernen Tempel in Independence.

Im Gegensatz zu den Mormonen, deren Tempel von Nicht-Mormonen nicht betreten werden darf, öffnet die Community of Christ die Pforten ihres Tempels für alle Interessierten. Zudem sind sie an Gesprächen mit anderen christlichen Gemeinschaften interessiert und stellen ihre Kirchengebäude jenen Gemeinschaften zur Verfügung, welche keine eigenen Versammlungsstätten besitzen.

Die Mormonen dagegen gehen traditionell davon aus, dass Gott Joseph Smith einst erwählt hat, die Kirche Jesu Christi auf Erden wiederherzustellen, die die damals etablierten Kirchen auf Abwege geraten ließen. Als Nachkommen der 10 versprengten Stämme Israels, die gemäß dem Buch "Mormon" auf Umwegen nach Amerika gelangten, pflegen sie Gewohnheiten, die zum Teil dem Alten Testament entnommen sind und aus ihrer Sicht durch Offenbarungen an den jeweils amtierenden Propheten an der Spitze der Gemeinschaft bestätigt werden. Dazu gehört beispielsweise die Ausübung der Polygamie, die bis zur Aufnahme des Bundesstaates Utah ins Gefüge der USA praktiziert wurde. Des Weiteren gehören dazu Verbote diverser Genussmittel, die dem Körper schaden können. Eines dieser Verbote verhalf uns zu einer kuriosen Begebenheit im Tempelbezirk von Salt Lake City.

Wir hatten an diesem Tag noch nicht zu Mittag gegessen und so entschlossen wir uns, im Café des Gebäudes zur Erinnerung an den Kirchengründer Joseph Smith unser Glück zu versuchen. Was das Mittagessen betraf hatten wir auch Erfolg, und wir wurden an der Selbstbedienungstheke bestens betreut. Im Anschluss an das Essen wollte sich meine Freundin noch einen Kaffee genehmigen, musste allerdings erstaunt feststellen, dass die dafür vorgesehene Maschine allerlei Getränke zur Verfügung stellte, nur keinen Kaffee. Neugierig geworden fragte ich einen der Bediensteten an der Kasse, warum es denn in diesem Café keinen Kaffee zu kaufen gibt. Der junge Mann nahm die Frage freundlich lächelnd entgegen und erklärte mir, dass den Mormonen einige Genussmittel verboten seien, nämlich Alkohol, Tabak, schwarzer Tee und eben Kaffee. Er höre diese Frage aber des öfteren und finde es selbst amüsant, in einem Café keinen Kaffee anzubieten, aber so sei es nun einmal.

Obgleich es ihm und den seinen also untersagt ist, dem Kaffegenuss nachzugehen war er doch so freundlich uns auf die nächste Möglichkeit hinzuweisen, eine Tasse Kaffee zu erwerben, und zwar gleich auf der anderen Straßenseite - außerhalb des Tempelbezirks.

Diese und ähnliche Regeln des alltäglichen Lebens, die ich selber als Einschränkung meiner persönlichen Willensfreiheit empfinden würde scheinen auf andere Menschen hingegen attraktiv zu wirken, weshalb die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage nicht nur in den USA, sondern auch international erfolgreich agiert und Mitglieder gewinnt. Dabei sind es sicher nicht nur diese Regeln, die so manchem Sicherheitsbedürfnis entgegen kommen werden, die die Gemeinschaft der Mormonen so attraktiv macht, sondern unter anderem auch deren schon erwähnte Freundlichkeit. So eifrig sie nämlich in die Mission gehen und begeistert von ihrem Glauben erzählen, so gleichzeitig unaufdringlich agieren sie im Zuge dieser Missionstätigkeit.

Davon konnten meine Freundin und ich uns überzeugen, als wir, schon wieder in Graz weilend, Besuch von zwei jungen Missionaren in Anzügen mit Krawatten und Namensschildern bekamen. So begeistert sie von ihrem persönlichen Glauben erzählten, so wenig versuchten sie, uns von eben diesem Glauben zu überzeugen. Das gemeinsame Gebet zum Abschluss unserer Begegnung empfand ich als schönes Beispiel gemeinsamen Betens trotz unterschiedlicher Ausgangspunkte und Zugänge zu Gott. Ein Ansatz zu mehr Ökumenismus wäre damit schon gegeben, wenn auch die Mormonen selbst dies nicht so sehen werden, da sie davon ausgehen, die einzig legitime Kirche Jesu Christi zu sein. Wie aber das Sprichwort schon sagt, welches Christinnen und Christen jeglicher Konfession wohl unterstreichen können: Die Hoffnung stirbt zuletzt...!

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Scheitern - eine der Grunderfahrungen des Lebens

18.07.2013 22:43

Eben komme ich von einer Veranstaltung im Rahmen der Interreligiösen Konferenz 2013 in Graz. Prof. Kuschel sprach zum Thema Weltreligionen und Weltethos im Zeitalter der Globalisierung. Im Laufe des Diskussionsteils nach dem Vortrag meldete ich mich mit einer Frage zu Wort. Ich erzählte davon, dass ich im Zuge einer Lehrveranstaltung dieses Jahres Prof. Othmar Fuchs kennenlernen konnte, und dass dieser das Projekt Weltethos, das von Prof. Hans Küng ins Leben gerufen wurde, als gescheitert beurteilt hat, unter anderem deshalb, weil es zu elitär, abgehoben und theoretisch sei. Meine Frage an Prof. Kuschel lautete, wie er einer solchen Kritik, die er vermutlich bereits kenne, begegne.

Prof. Kuschel konnte mit dieser Kritik wenig anfangen, da sie zu pauschal formuliert sei. Mit einer solchen Kritik seien auch andere Konzepte wie etwa die Bergpredigt im Matthäusevangelium zum Scheitern verurteilt. Angesichts der von ihm in seinem Vortrag angesprochenen ökonomischen und gesellschaftlichen Krisenphänomene der letzten Jahre sei es mehr denn je notwendig, an einem gemeinsamen Weltethos zu arbeiten, denn als Alternative dazu bleibe lediglich eine Haltung getragen von Zynismus.

Kuschels Vergleich mit der Bergpredigt hat mir im Zuge seiner Ausführungen zu denken gegeben. Es ist nicht das erste Mal, dass mir der Gedanke des Scheiterns im Zusammenhang mit der Gestalt des Jesus von Nazareth begegnet. Liest man beispielsweise das Markusevangelium ohne den später hinzugefügten Auferstehungsteil, so kann man das Leben Jesu mit seinem gewaltsamen Tod am Kreuz nach menschlichen Kriterien als gescheitert beurteilen. Ebenso kann man wohl Mahatma Gandhi (der ebenfalls in Kuschels Vortrag Erwähnung fand) als gescheitert betrachten. Er hat Indien zwar erfolgreich zur Unabhängigkeit von Großbritannien geführt, fand allerdings letztlich auch einen gewaltsamen Tod. Darüber hinaus war es ihm nicht gelungen, Hindus und Muslime auf lange Sicht zu einem friedlichen Zusammenleben zu bewegen.

Angesichts der weitreichenden Wirkungsgeschichte, die ihren Ausgangspunkt mit Gestalten wie Jesus von Nazareth, Mahatma Gandhi und anderen nach menschlichen Maßstäben gescheiterten Persönlichkeiten nahm, erscheint mir der Begriff des Scheiterns als nicht mehr ganz so negativ, wie er mir durch dessen Grundbedeutung ursprünglich erschien. Dieser Gedanke vermag mir Trost zu spenden, wenn ich meine ganz persönliche Geschichte des Scheiterns betrachte. 

Wie geht es Ihnen damit?

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"Sündenfall" und Erlösung mal anders betrachtet: Von der Einlösung (der Freiheit) zur Erlösung (von Verantwortung)

17.06.2013 23:21

Im Alten Testament der Bibel gibt es die Erzählung vom Paradiesgarten, in den die ersten Menschen gesetzt worden sind mit der Auflage, von allen Früchten des Gartens essen zu dürfen bis auf die Früchte des Baumes in der Mitte des Gartens, dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Durch den Ungehorsam der Menschen und die Übertretung dieses Gebotes kam der Überlieferung nach die Sünde in die Welt, sie wurden des Gartens verwiesen und mussten von da an ein Leben der Entbehrungen, Schmerzen und der harten Arbeit führen. Diese Bürde überträgt sich seither auf alle Generationen bis zur Ankunft des "neuen Adam", der die Menschheit wieder mit Gott versöhnt und ein Gottesreich des Friedens und der Gerechtigkeit verkündet.

Die Möglichkeit zur Übertretung des Gebotes Gottes hat Gott selbst den Menschen durch die Gabe des freien Willens geschenkt. Nun meinen einige Theologen und Geistliche, dass es sich bei der Gehorsamsverweigerung der ersten Menschen Gott gegenüber um einen Missbrauch der gottgegebenen Freiheit handelt, da diese Entscheidung zur Entfernung der Menschen von Gott führt und dies nicht im Sinne Gottes sein kann.

Ich erlaube mir hier, inspiriert durch wieder andere Theologen, darüber anders zu denken. Sollte es sich nämlich um einen Missbrauch der gottgegebenen Freiheit gehandelt haben, Gottes Gebot bewusst zu übertreten, so wäre den Menschen die Freiheit nur dazu gegeben worden, um sich aus freien Stücken dazu zu entscheiden, Gottes Gebote zu achten und einzuhalten. Sich dagegen aus Freiheit anders zu entscheiden und Gottes Gebote nicht zu befolgen wäre damit als Missbrauch der Freiheit zu werten.

Was aber bedeutet Freiheit, wenn es nur eine Alternative zur Einlösung der Freiheit gäbe, nämlich Gott zu gehorchen? Es müsste doch zumindest zwei Alternativen geben, nämlich sich für oder gegen etwas zu entscheiden, denn jede Entscheidung gegen eine Sache ist automatisch eine Entscheidung für eine andere Sache und umgekehrt. Von Missbrauch kann hier nicht die Rede sein, denn wenn Freiheit wahrhaftig gemeint ist, so ist deren Einlösung für oder gegen eine Sache wertfrei zu betrachten. Im Besonderen gilt dies für die gottgegebene Freiheit, denn Gott ist nicht daran interessiert, bloß Ja-Sager/innen um sich zu haben, sondern echte Menschen mit eigenem Willen zur Verantwortung für ihr Leben und Handeln.

Auf diesem Hintergrund könnte die Erzählung vom Paradiesgarten anders lauten: Gott gab den Menschen die Möglichkeit, ein sorgenfreies und unbeschwertes Leben als Gottes Kinder in Gottes Garten zu führen oder aber ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, Verantwortung zu übernehmen und Leben in scheinbarer Getrenntheit von Gott zu führen, um der Erfahrung des Getrenntseins von Gott willen, das de facto niemals real besteht, da uns nichts von Gott trennen kann und es auf diese Weise wahrlich keine Alternative zu Gott gibt.

Gott gibt uns mit dem freien Willen somit ein unglaubliches Geschenk mit auf den Weg, nämlich die Erfahrung zu machen, getrennt von Gott zu sein und unser Leben in Eigengestaltung zu verwirklichen, solange wir dies möchten. Sollten wir dann wieder genug haben von der Last der Eigenverantwortung, können wir uns in Freiheit wieder davon erlösen lassen und als Gottes Kinder mit Gott in Gottes Paradiesgarten leben.

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Neubetrachtung einzelner Dogmen

30.05.2013 22:50

Mit diesem Beitrag schließe ich an das Walsch-Zitat des ersten Beitrages an. Zum einen gefällt mir daran, dass damit alle Menschen, egal auf welchen Wegen sie unterwegs sind, auf alle Fälle zu Gott gelangen können und werden. Das erscheint mir auch insofern logisch, als Gott ohnehin überall ist, weshalb du Gott auch niemals "entkommen" oder "entgleiten" kannst (vgl. Psalm 139).

Zum anderen lässt sich ausgehend von dieser Aussage auch das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes neu betrachten. Als studierter Theologe weiß ich, dass ein Dogma eine Glaubenswahrheit festlegt, hinter die nicht zurückgegangen werden kann. Ein Dogma lässt sich also nicht mehr aufheben, wohl aber erweitern. Wenn wir nun auf keinem unserer Wege Gott verfehlen können, dann sind wir in diesem Sinne "unfehlbar" wie der Papst. Somit ist durch das Dogma der Unfehlbarkeit für den Papst das unumstößlich ausgesagt worden, was in einem gewissen Sinn für uns alle gilt: Jeder und jede von uns ist unfehlbar!

Eine ähnlich ungenierte und vielleicht nicht ganz kirchenkonforme Herangehensweise funktioniert auch bei anderen Dogmen. Nehmen wir als Beispiel das Dogma der Unbefleckten Empfängnis Mariens. Wie wir alle wissen handelt es sich hierbei um die Glaubensaussage darüber, dass Maria von der Erbsünde befreit und damit unbefleckt im Schoß ihrer Mutter empfangen wurde. Die bis dahin gültige Auffassung, dass im Zuge des Geschlechtsverkehrs durch die Übertragung der männlichen Samenflüssigkeit auch die Erbsünde übertragen wurde ist damit für die Zeugung Marias ohne Relevanz. Nun hatte die Auffassung der Kirchenväter zum Thema Sexualität und Sündenübertragung zwar einen schwerwiegenden und bis heute spürbaren Einfluss auf die Glaubens- und Sittenlehre der Kirche, dennoch blieb die Theologie dabei nicht stehen, sondern entwickelte sich weiter dahingehend, sowohl den Zeugungsakt, als auch die mit dem Akt verbundene Lust der am Akt beteiligten Menschen als gottgegeben anzusehen und nicht mehr mit Sündenübertragung in Zusammenhang zu setzen. Damit wird auch das Dogma der Unbefleckten Empfängnis für uns interessant und wir dürfen formulieren, dass nicht nur Maria, sondern wir alle, jeder und jede von uns unbefleckt empfangen worden sind, denn jeder Zeugungsakt ist Wille Gottes und von Gottes Liebe begleitet.

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Erster Beitrag

30.05.2013 18:33

Willkommen im Blog auf GottesBlog!

Als ersten Eintrag möchte ich eines meiner Lieblingszitate bemühen, das aus Neale Donald Walschs Werk "Gespräche mit Gott" stammt:

"Wenn Gott euer Ziel ist, dann habt ihr Glück, weil Gott so groß ist, dass ihr ihn nicht verfehlen könnt."

In diesem Sinne starte ich diesen Blog um der Auseinandersetzung mit und über Gott willen.

Möge das Projekt gelingen!

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